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“Wenn der Vater mit dem Sohne...”

Fahrt zur Farm Probeer („Allein zu Zweit“)

10. Juni 2007

Ich bin schon seit 4.00 Uhr wieder auf den Beinen um am Teleskop im Beginn der Dämmerung noch ein Restarbeiten zu erledigen.
Blaugrau schält sich der Gamsberg mit seinem kleinen Bruder aus dem Erdschatten. Nach und nach verschwinden die letzten Sterne und die Sonne kündigt im Nord-Osten ihr baldiges Erscheinen an. Ich genieße die Stille um mich. Ein paar Rosenköpfchen (Papageien) begrüßen die ersten Sonnenstrahlen mit einem lautstarkem Gezeter.
Falk liegt eingehüllt mit zwei Schlafsäcken und zwei Wolldecken friedlich schlafend im VW-Bus. Von der winterlichen Kälte, wir hatten fast 0°C, bekommt er nichts mit.
Gegen 6.00 Uhr weckte ich ihn und schwärme vom Farbenspiel der Landschaft. Verschlafen und etwas verständnislos blickt er mich an, um dann wieder in die Decken zu versinken. Noch eine halbe Stunde wird gekuschelt und dann heißt es entgültig aufstehen.
Ich schaffe es ihn zu überzeugen, daß es sich für einen richtigen Afrikaforscher gehört, trotz der Kälte sich im Freien zu waschen. Der Wasserhahn ist gleich um die Ecke und ich zucke fast zusammen, als das Wasser eiskalt aus dem Hahn fließt. Nur nicht kneifen, denke ich und wasche mich unter großem Geschnaufe. Falks Ergeiz ist geweckt und ohne Murren vollzieht er die gleiche Prozedur.
Munter und gut gelaunt laufen wir ins Farmhaus zum Frühstücken. Sara, der gute Geist des Hauses schaute nicht schlecht, daß wir schon so früh auf den Beinen sind. Die meisten Gäste auf Hakos sind Amateurastronomen und die gehen nun erst sehr späht ins Bett und demzufolge beginnt das Frühstück für manche auch oft erst gegen Mittag.
Wir frühstückten ordentlich und lassen und auch noch für jeden ein Lunchpaket mitgeben, denn es geht heute schon wieder auf die Pad.
Unser nächstes Ziel heißt
"Alleinzuzweit" und liegt inmitten der Tanswüste am Fuß des Spreetshoogte-Pass auf dem Gelände der Farm Probeer.
Aber erst einmal muß ich meinen ganzen Astrokram zusammenpacken, die Betten und das Campingzeug verstauen. Gegen 9.00 Uhr sitzen wir gut gelaunt im VW-Bus und hoppeln die Farmpad in Richtung C26. Noch auf dem Farmgeländer verabschiedet uns ein kapitaler Kudu-Bock mit zwei Weibchen. Wir beobachten uns neugierig gegenseitig. Für Falk sind es die ersten großen Wildtiere, die er in Afrika zu sehen bekommt.
Vor uns liegt der Gamsberg und dann geht es auf die C26 ein Stück zurück Richtung Windhoek. Eine Herde Paviane kreuzt die Straße und auch eine kleine Herde Springböcke können wir ausmachen. Wir legen einen Fotostopp an der Farm Weißenfels ein. Als ein gebürtiger Weißenfelser (allerdings in Sachsen-Anhalt) kann ich natürlich dieses Fotomotiv nicht auslassen. Kurz darauf biegen wir nach Süden auf die D1265 in Richtung Nauchas.
Ich bemerke auf der Armaturenanzeige, daß die Kontrolleuchte der Batterie aufblinkt. Huch, was ist denn das jetzt? Ich denke mir nichts weiter. Die paar Kilometer bis Probeer wird es wohl noch gehen. Kurz darauf, ich habe die rote Lampe schon wieder vergessen, halte ich an, um Falk ein wunderschönes großes Webervogelnest zu zeigen. Ich mache ein paar Fotos und schon sitzen wir wieder im Auto und wollen weiter. Doch da haben wir die Rechung ohne den Wirt gemacht. Ich drehe den Zündschlüssel und nichts passiert. Was soll den das jetzt? Wir haben doch noch eine zweite Batterie. Die sollte doch eigentlich mit angeklemmt sein.
Das Werkzug befindet sich natürlich unter dem Rücksitz, welcher umgeklappt und mit Gepäck vollgepackt ist. Also das Gepäck ausladen, Sitz hochklappen und einen passenden Schraubenschlüssel gesucht. Komisch, die Kontakte an beiden Batterien sitzen alle fest. Ich schließe eine Batterie mit Hilfe des Schraubenschlüssels kurz, es funkt kräftig. Da muß doch noch genug Saft drauf sein!
Ich rufe den Autovermieter an. Hoffentlich geht der zum Sonntag ans Telefon! Zum Glück habe ich dank dem MTC-Funkmast auf dem Gamsberg guten Empfang ins Telefonnetz und kann den Autovermieter erreichen.
Nachdem ich ihm das Problem geschildert habe, verspricht er, sofort vorbeizukommen. So in ungefähr 2 Stunden wird er voraussichtlich von Okahandja aus bei uns sein. Er meint noch, es kann an der Lichtmaschine liegen und ich soll mal nach dem Keilriemen schauen.
Ja, ein kurzer Blick unter das Auto zeigt es. Der Keilriemen ist im Nirwana des namibischen Hochlandes verschwunden. Aber trotz des fehlenden Keilriemens begreife ich nicht, warum die Elektrik trotzdem streikt. Die Batterien sind doch nicht leer!?
Irgendwo soll im Auto ein Ersatzkeilriemen liegen. Ich lade nun auf der Suche nach dem Keilriemen auch noch den Rest unseres Gepäcks aus und baue am Straßenrand den Campingtisch mit Stühlen auf. Was spricht denn gegen ein gemütliches Mittagessen am Straßenrand.
Eine große Staubwolke zeigt im Süden das Herannahen eines Autos. Ein Farmer hält an und ich erkläre mein Problem. Ich bitte ihn, unseren Bus mit dem Abschleppseil anzuziehen. Er gab aber zu bedenken, daß durch den fehlenden Keilriemen die Elektrik sicherlich bald den Geist aufgeben und Schaden nehmen könnte.
Da mein Autovermieter ja schon auf den Weg ist, gehe ich das Risiko nicht ein und bedanke mich bei dem Farmer. Er Erzählte mir noch, daß er auf den Weg nach Windhoek ist um seine Frau im Krankenhaus zu besuchen. Ich wünsche Besserung für sie. Zwei Augen blicken leer aus dem sonnengegerbten Farmergesicht. "Meine Frau liegt im Sterben. Krebs!"
Gedankenversunken blicke ich der Staubfahne auf der Pad hinterher. Unser Problem mit dem Auto erscheint mir auf einmal überhaupt nicht mehr so wichtig.
Falk hat es sich mittlerweile bequem gemacht und schaut auf dem Laptop "Asterix bei den Briten". Ich habe auch den Ersatzkeilriemen gefunden und liege im Staub der Straße unter dem Auto. Keine 5 Minuten, und der Keilriemen ist montiert. Jetzt sind schon über 3 Stunden vergangen und der Vermieter ist per Telfon nicht erreichbar. Was tun?
Kurz darauf, kommt ein Pic-up die Pad entlang. Ein deutsches Ehepaar mit ihrem Sohn sind auf den Weg Richtung Sossusvlei. Ich bitte um Starthilfe und kurz darauf ist das Starterkabel angeklemmt. Ich drehe erwartungsvoll den Zündschlüssel. Nichts passiert! Na gut, dann versuchen wir es mit Anschieben. Das funktioniert auf Anhieb. Der Motor läuft und die rote Lampe ist aus. Da ich den Vermieter weiterhin nicht erreichen kann, beschließen wir, endlich weiter Richtung Spreetshoogte-Pass zu fahren. Wir bedanken uns bei unseren Helfern und wünschen uns noch gegenseitig einen schönen Urlaub.
Schnell erreichen wir den Pass. Ich stelle das Auto etwas abschüssig, damit ich es zum Starten wieder anrollen kann.
Die Sonne steht schon recht tief und formt aus der vor uns liegenden Landschaft ein zauberhaftes Gemälde aus Licht und Schatten. In der Ferne erkenne ich die zwei kleinen Hügel von "AlleinzuZweit" und kann auch ein kleines, helles Gebäude erahnen. Unser heutiges Ziel liegt wunderschön eingebettet inmitten der Tanswüste. In Gedanken streife ich schon durch das trockene Gras entlang eines der baumbe-standenen Reviere... Ein häßlicher Klingelton zerreist die Ruhe der Landschaft und Falk kommt mit meinem Funktelefon angerannt. Es ist unser Autovermieter.
„Wo wir sind? Am Spreetshoogte-Pass. „
„Alles klar, ich bin in 10 Minuten bei euch.“
Wenig später fährt ein VW-Bus auf den Aussichtspunkt des Spreetshoogte-Pass, hält an und macht die Türe auf. Zirka ein duzend kleine Terrier-Mischlinge springen aus dem Auto und erobernd kläffend die Umgebung. Der Vermieter lacht und ist sichtlich erfreut, uns endlich gefunden zu haben.
Doch erst einmal ist nicht das defekte Auto wichtig. Der Vermieter holt seine Kamera und genießt sichtlich beeindruckt die Aussicht, ganz so wie als die er ein Tourist.
"Ich war das letzte mal vor 25 Jahren hier." antwortet er auf meinen fragenden Gesichtsausdruck. In der Zwischenzeit sind die Hund damit beschäftigt zwei Straßenarbeiter zu ärgern, welche etwas Abseits vor einem Bauwagen ihr Abendessen zubereiten. Das Rufen und Fluchen des Hundehalters nütz wenig und  die Arbeiter verteidigen mit Steinen ihr wohlverdiente Mahlzeit.
Wie sich nun bei der Fehlersuche herausstellt ist das Zündschloß des VW-Busses hinüber. Unser Vermieter nimmt es auseinander und bastelt eine wilde Konstruktion aus verschiedenen Drähten. Während-dessen untersuchen einige der Hunde unseren VW-Bus von Innen. Falk versucht sich tapfer als Verteidiger unseres kleinen Reiches, aber die Hunde sind flinker.
Die Reparatur des Zündschlosses besteht darin, daß ich es nun mit einem Draht kurzschließen muß um den Motor zu starten. Aber warum eigentlich nicht? In Namibia ist nun einmal Abenteuerurlaub angesagt.

Die Sonne neigt sich schon recht tief dem nord-westlichen Horizont entgegen. Noch 30 km bis zum Ziel liegen vor uns und ich hoffe, noch im Hellen mein Teleskop aufbauen zu können, um die Nacht zum Fotografieren des Sternenhimmel zu nutzen.
Wir verabschieden uns und fahren den gut ausgebauten Spreetshoogte-Pass hinunter. Den Buchbeschreibungen nach hatte ich mir diesen Pass irgendwie schwieriger vorgestellt.
Am Fuß des Passes geht es durch die Ebene der grasbewachsenen Tanswüste. Schnurgerade verläuft die Pad. Nur ab und zu ruft eine Querrille Freude hervor, indem der VW-Bus durch die zügige Fahrt den Bodenkontakt verliert und somit für einen winzigen Augenblick ein gewisses Gefühl von Schwerelosigkeit vermittelt. Durch die tiefstehende Sonne schält sich das Bodenprofil plastisch und weithin sichtbar heraus und Falk macht die Fahrt sichtlich Spaß.
"Da vorne..., gleich..., und hoooooo...."
Wieder hüpft das Auto in die Luft. Wir haben höllischen Freude dabei.
Das dürre Gras der Ebene nimmt schon den roten Ton der Abendstimmung an, als wir die große Eisensäule am Rand der Pad sehen. Das Ding ist ja wirklich nicht zu übersehen. 12m ist dieses Gebilde hoch. Aus rostigem Stahlrohr paßt diese außergewöhnliche Wegmarkierung perfekt in diese Landschaft. Ebenso zeigt ein großer Schriftzug aus rostigem Blech die Farm Probeer an. Wir biegen nach rechts auf die Farmpad und liefern uns einen Wettlauf mit der Sonne, um noch im Hellen anzukommen.
Die vom Spreetshogte-Pass aus winzigen zwei Hügel werden größer und zwischen ihnen liegen die einzelnen hübschen Häuser von "Alleinzuzweit", harmonisch in die Landschaft eingebettet. Wir sind an unserem heutigen Ziel, zwar mit 4 Stunden Verspätung, dafür aber glücklich.
Niemand ist zu sehen. Ich hupe und kurz darauf erschein Christie, eine junge Ovambo. Sie zeigt uns das Gästehaus und erklärt uns, daß Simone, die Gastgeberin, auch bald zurückkommen wird.
Das Gästehaus ist sehr geräumig mit einem großen Wohnbereich, einem Schlafraum mit Doppelbett und einem Bad mit WC und Dusche. Alles ist sehr geschmackvoll eingerichtet.
Wir laden das Gepäck aus. Zum  Aufbau meines Teleskops ist es jetzt doch schon zu dunkel. Ich baue nur das Stativ mit meine Spiegelreflex-kamera auf, um ein paar Strichspuraufnahmen zu machen.
Zwischenzeitlich ist auch Simone eingetroffen, die uns herzlich willkommen heißt um gleich darauf das Abendessen vorzubereiten.
Zum Abendessen gehen wir in das nebenan liegende "Küchenhaus". Ein großer Küchenbereich mit professionellen Edelstahleinrichtungen läßt das Herz eines jeden Hobbykoches höher schlagen. Gleich daran schließt sich ein gemütlicher Eßbereich an. Ein stählerner Kaminofen sorgt für behagliche Wärme in der kalten Winterzeit. Wir lassen uns das Kudu-Steak schmecken. Ich trinke 2 Gläser Rotwein und sofort merke ich die wohlige Müdigkeit in mir aufsteigen. Aber nichts da, ich will ja noch ein paar Aufnahmen des Sternenhimmels machen.
Wir verlassen das Küchenhaus und gehen im Schein der Taschenlampe zu unserem Gästehaus. Falk nutzt die Gunst der Stunde, um wieder Asterix anzuschauen. Ich richte meine Kamera auf die Milchstraße, welche im Laufe der Nacht immer höher steigen wird. Ich nehme in festen Zeitintervallen mit einem Timer die Bilder auf und lasse die Kamera die ganze Nacht laufen.
Gegen 23.00 Uhr falle ich todmüde ins Bett und auch Falk ist schon längst eingeschlafen. Nur das leise klicken des Kameraverschlusses unterbricht aller paar Minuten die nächtliche Stille.

<weiter>

 

 

 

 

Blick auf den Gamsberg im Morgenlicht

 

 

 

 

 

Wann geht es endlich auf die Pad?

Kudus auf Hakos

Weissenfels

Panne auf der D1265

Wo ist der Keilriemen für die Lichtmaschine geblieben?

warten auf Hilfe

 

 

 

 

 

 

 

Blick vom Spreetsoogte-Pass

Falk schaut in der Ferne

 

Pannedienst mit Helfern

auf der D1275 durch die Tanswüste

Einfahrt zur Farm Probeer “Alleinzuzweit”

“Alleinzuzweit”

“Alleinzuzweit”

das Zentrum der Milchstraße über “Alleinzuzweit”