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“Wenn der Vater mit dem Sohne...”

Zur Skelettküste und weiter zum Brandberg

15. Juni 2007

Wir treffen gegen 7.00 Uhr Petra und Jürgen und versorgen uns in einer deutschen Fleischerei mit Proviant für die bevorstehende Reise. Die Verkäuferin bemerkt meinen sächsischen Dialekt, und es stellt sich heraus, daß sie ebenfalls aus Sachsen nur unweit von unserem Wohnort stammt. Dann tanken wir das Auto noch voll und ich kaufe einen zweiten Reservekanisiter. Mit 110 Liter Benzin an Bord starten wir auf der Salzpad in Richtung Norden.
Mit einer Mischung aus feuchtem Sand und Salz wird die Fahrbahn befestigt, und nach dem Abtrocknen der Mischung entsteht eine betonharte Fahrbahn. Nur bei dem oft auftretenden Küstennebel muß man höllisch aufpassen, denn dann wird die Fahrbahn glatt wie Schmierseife. Doch wir fahren im hellsten Sonnenschein.
Die Landschaft ist recht unspektakulär. Flach wie ein Brett zieht sich die Wüste bis zum Horizont. Salzresistente Gräser wachsen in den feuchten Senken. Später bilden Flechtenfelder die einzige Vegetation in dieser lebensfeindlichen Gegend. Dennoch übt diese Landschaft einen eigenartigen Reiz auf mich aus. Die Salzpad läuft immer gerade aus. Petra und Jürgen fahren voraus.
Schilder weisen auf weltbekannte Angelplätze an der Küste hin. Jakalsputz, Hentjesbay, Mile 72, all diese Orte wirken auf uns nicht gerade sehr einladend und so fahren wir zügig weiter nach Norden.
Weit in der Ferne, durch die heiße, flimmernde Luft unwirklich verzerrt lassen sich Berge erahnen.
Schließlich erreichen wir Cape Cross. Hier können wir eine große Robbenkolonie hautnah erleben. Wir zahlen einen kleinen Obolus als Eintrittsgebühr. Eine kleine Mauer trennt die Kolonie von den Besuchern. Dicht an dicht drängen sich tausende Robben. Ein fantastischer Anblick. Der berüchtigte Fischgestank hält sich in Grenzen. Jedenfalls hatten wir gestern im Hafen von Walfishbay schlimmeres erlebt.
Mit der Fotokamera bewaffnet lege ich mich in den Sand und krieche die wenigen Meter bis direkt an die Robben heran. Eine kleines Robbenbaby liegt blinzelnd auf ihrer Mutter und säugt genüßlich die fettreiche Milch. Die Tiere lassen sich von mir nicht stören. Am Strand tobt die Brandung und überall sehen wir in dem Getöse Robben schwimmen. Vereinzelte Schakale laufen durch die Kolonie, immer auf der Suche nach toten oder verletzten Tieren.
Die Geräuschkulisse ist gewaltig. Das Gebrülle der Robben steht im starken Kontrast zur Stille der Wüste, welche wir in den letzten Tagen erleben konnten.
Wir kaufen noch ein paar Andenken aus Robbenfell und besprechen mit Petra und Jürgen die weitere Strecke. Ich hatte ja schon gestern meinen Wunsch geäußert, nach Norden bis an das Ugab-Tor –dem Eingang zur berühmten Skelettküste–  zu fahren. Das ist allerdings ein Umweg von ca. 140km, was für ein paar Fotos vom Tor mit den Totenköpfen schon etwas verrückt erscheint. So hatte ich mir die Idee schon aus dem Kopf geschlagen. Nun fängt Jürgen noch einmal mit dem Thema an und kurz darauf sind wir uns einig und fahren auf der Salzpad mit hoher Geschwindigkeit in Richtung Ugab-Tor.
Wir erreichen den Abzweig zum Brandberg, welchen wir vorerst ignorieren und in Rekordzeit liegt der Eingang zum Nationalpark „Skelettküste“ vor uns. Das oft fotografierte Tor mit seinen zwei Totenköpfen und den gekreuzten Knochen, davor ein paar große Walknochen geben wirklich ein tolles Fotomotiv ab. Der Parkranger, ein Damara, lebt schon seit einigen Jahren hier in dieser Einsamkeit. Und kommt nur aller paar Monate zum Einkaufen nach Swakopmund. Na wenn man da nicht einen Wüstenkoller bekommt!
Wir verabschieden uns und fahren die siebzig Kilometer zurück zum Abzweig auf die D2303. Diese Pad ist in gutem Zustand und so fahren wir zügig weg von der Küste in das Landesinnere. Das Gesicht der Landschaft ändert sich. Die weite, staubige Ebene, welche das Gesicht der Küste prägete, wird zu von Felsbrocken und kleinen Bergen umsäumten Trümmerlandschaft. Schokoladenbraun leuchten die Basaltbrocken in der Mittagssonne. Wir haben die Ausläufer der Vulkanlandschaft des Messum-Krater erreicht. Vor 130 Millionen Jahren spieen hier Vulkane ihre Lava aus. Wer auf der Suche nach den berühmten Welwitschia-Pflanzen ist, der wird hier reich belohnt. Hunderte dieser lebenden Fossilien wachsen in dieser Schotterlandschaft.
Natürlich machen wir hier auch einen Fotostopp. Wir kommen uns vor wie in eine Backofen. Kein Wind regt sich und die Heiße Luft flimmert über der Landschaft.
Ohrenbetäubende Stille umgibt uns. Nur der Herzschlag und das Rauschen des Blutes stört die Stille. Bedrückend, aber schön. Falk hat sich wieder in den VW-Bus zurückgezogen und hört Musik über den MP3-Player. Wir warten noch auf Petra und Jürgen, die ein ganzes Stück hinter uns gefahren sind. So laufe ich durch die Basaltfelder und betrachte die Welwitschias. Interessant sind diese Pflanzen schon, aber nicht besonders hübsch.
Die Welwitschia ist als Nacktsamer eher mit unseren Nadelbäumen verwand. Aus dem Zentrum der Pflanze wachsen unentwegt zwei lederige Blätter. Die Enden der mehrere Meter langen Blätter liegen zerzaust und verknäult auf dem Wüstenboden und sterben an den Blattenden ab. Der Küstennebel verfängt sich in auf der Blattober-fläche und tropft auf den Wüstenboden, wo das Wasser versickert und durch ein weit verzeigtes Wurzelgeflecht der Pflanze aufgenommen wird. Angeblich sind manche Exemplare der Welwitscha über tausend Jahre alt.
Ich höre ein leises Brummen. Zwei, drei Minuten später sehe ich in der Ferne eine Staubfahne. Noch eine geraume Zeit vergeht und das Auto unserer Reisegefährten erscheint allmählich verschwommen im Luftgeflimmer.
Nun fahren wir Petra und Jürgen hinterher und die Landschaft wird immer spektakulärer. Wir erreichen schließlich in einem tief eingeschnittenen Seitental des Ugab-Riviers den Abzweig der Pad zur Brandberg-West-Mine. Hier biegen wir nach rechts auf die Pad 2342 in Richtung Uis. Das canyonartige Tal liegt wieder hinter uns und die  Weite der Vulkanlandschaft prägt wieder das Bild. Vor uns in der Ferne liegt das gewaltige Massiv des Brandberges. Mich erinnert dieses Gebirge etwas an einen Kuhfladen, der einsam in der Landschaft liegt. Doch zuvor nehmen die wunderschönen Goboboseb-Berge unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch. Wenn das kein Postkartenmotiv ist! In verschiedenen Braun-, Rot- und Schwarztönen liegt das vulkanische Bergmassiv mit dem Tafelkop vor uns. Ein unglaublicher Kontrast zu dem stahlblauen Himmel. Hier ist auch das Eldorado für Mineraliensammler. Aber die Zeit drängt, denn wir wollen noch im Hellen die Brandberg-Withe-Lady-Lodge  erreichen.
Die Landschaft ändert wiederum ihr Gesicht. Immer mehr trockenes Gras steht zwischen dem Geröll und schließlich ist die Landschaft eine gänzlich grasbedeckte Savanne. Im Hintergrund ständig überragt vom Brandbergmassiv. Die Pad zieht sich in die Länge, ist aber ansonsten sehr gut zu befahren.
Am Wegrand sehen wir zwei Wildhunde, welche ich natürlich auch noch fotografieren muß. Falk wir langsam ungeduldig. Ab und zu sehen wir kleinere Herden Strauße. Von weitem erkenne ein Auto uns entgegen kommen. Es sind Petra und Jürgen, welche sich Sorgen machten und uns suchen. Da habe ich wohl im Schwelgen in der Landschaft ganz die Zeit vergessen.
Nun geben wir Gas. Riesige Staubfahnen hinter uns herziehend donnern wir nebeneinander die Pad in Richtung Uis.
Dann endlich, mir tut mittlerweile auch der Hintern weh, erreichen wie die Hauptpad C35 und biegen links nach Uis ab. Am Straßenrand stehen ein paar Hütten aus Geäst in denen Mineralien verkauft werden. Trotz unserer Eile halte ich an und stöbern in den Mineralienangebot. Viele zerbrochene, aber auch ab und zu recht hübsche Kristalle werden Angeboten. Quarz, Amethyst, Topas, Turmalin. Wir kaufen ein paar Kleinigkeiten und fahren weiter.
Nach wenigen Kilometern erreichen wir Uis, die Bergbaustadt. Diese Stadt, man sollte sie eher Siedlung nennen hat ihre besten Zeiten schon lange hinter sich. Die Minen sind geschlossen und große Abraum-halden Zeugen von der Vergangenheit. Arbeit scheint es hier wohl kaum zu geben und so werden wir bei der Einfahrt in die Tankstelle auch gleich von einem Duzend junger Männer belagert, die uns alles mögliche verkaufen, oder sich als Führer zu den Felszeichnungen im Brandbergmassiv anbieten wollen. Unsicher oder in Gefahr fühlen wir uns aber nicht. Nach dem Tankstopp verlassen wir diesen Ort in Richtung Brandberg und biegen nach 20km den Wegweiser folgend ab in das Ugab-Tal zur Brandberg-Withe-Lady-Lodge.
Hier soll am Wochenende das erste Südsternfreunde-Treffen statt-finden. Einige Sternfreunde sind auch schon eingetroffen und die Begrüßung fällt herzlich aus.
Ich habe mit Falk ein festaufgebautes Zelt mit separater Sanitäreinrichtung gebucht. Ein Mitarbeiter der Lodge fährt uns voraus direkt in das sandige Ugab-Bett.
Der VW-Bus wühlt sich klaglos trotz fehlenden Allrad-Antriebes durch die Stellen mit lockerem Sand.
Die Zelte sind in großem Abstand voneinander auf steinernen Plattformen unter großen, Schatten spendenden Anabäumen errichtet. Hinter dem Zelt befindet sich, umgeben von einer mannshohen Mauer, das Bad mit Dusche und WC. Die Warmwasserzubereitung erfolgt einfach, aber effektiv mit einem Donkey (einer afrikanischen Art von Badeofen). Um diesen Sanitärbereich sind faustgroße Steine dicht an dicht gepflastert. Dies hält die Elefanten davon ab, auf der Suche nach Wasser die Duschköpfe abzureisen.
Im Zelt befinden sich zwei große Betten mit ordentlicher Matratze und dickem Bettzeug. Es ist schöner, als wir uns es vorher vorgestellt hatten.
Die Sonne geht unter und nach dem Abendessen im Haupthaus der Lodge spazieren wir im Dunkeln zum Beobachtungsplatz des Südsternfreunde-Treffen, wo schon einige Beobachter im roten Licht ihrer Taschenlampen die Teleskope aufgebaut haben. Besonders angetan hat uns der Blick durch das riesige Dobson-Teleskop von Martin Birkmeier. Der 50cm große Spiegel sammelt so viel Sternenlicht, daß der Blick durch das große Okular einem Flug durch das Weltall gleichkommt. Millionen Lichtjahre entfernte Galaxien zeigen filigrane Strukturen, Knoten und Staubbänder wie ich sie nur von stundenlang belichteten Fotos her kenne. Die Gasnebel der Sommermilchstraße zeigen einen ungeahnten Detailreichtum.
Aber auch nur mit einem Fernglas bewaffnet, ja auch selbst mit bloßem Auge ist es eine wahre Freude, über den glanzvollen Sternenhimmel zu wandern.
Die leuchtende Milchstraße, durchzogen von strukturierten Staub-wolken lassen mich immer wieder nach oben schauen.
Die lange Fahrt des Tages fordert allerdings ihren Tribut. Schon gegen 21.00 Uhr stapfe ich die 1,5km durch den Busch nach Hause. Falk trage ich auf dem Rücken. Er ist schon eingeschlafen. Eine Taschen-lampe brauche ich nicht. So unglaublich es klingt, die Sterne der Milchstraße liefern genug Licht, um den Weg zu finden.
Im Gegenteil. Eine Taschenlampe leuchtet nur wenige Meter weit und die Augen sind dabei nicht mehr an die Dunkelheit gewöhnt. So sieht man überhaupt nicht, was sich weiter weg befindet. Ohne Kunstlicht kann man jedoch die ganze Gegend erkennen.
Erschöpft erreiche ich das Zelt und lege Falk ins Bett. Das Waschen verschieben wir auf morgen.

<weiter>

 

deutscher Meisterbrief

auf der Salzpad

am Cape Cross

an der Milchbar

Faulenzen

Schakale

Petra + Jürgen im Nirgendwo

Eingang zur Skelettküste

am Ugab-Tor

Falk auf Walknochen

die Gobobosebberge mit dem Brandberg im Hintergrund

Welwitschia Mirabilis

Goboboseb-Berge

Löffelhund

Mineralienverkäufer

Haupthaus der “Brandberg- White Lady Lodge”

ohne Allrad durch das Ugabrivier

unser Zelt im Abendlicht

Blick in unser Zelt

Zentralteil unserer Milchstraße