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“Wenn der Vater mit dem Sohne...”

Kurztrip ins Sossusvlei

11. Juni 2007

Schon vor Sonnenaufgang bin ich wieder auf den Beinen. Ich kann von der Morgenstimmung in Namibia nicht genug bekommen. Ich nehme meine Kamera vom Stativ. Ein kurzer Blick zeigt mir, daß die Bilder der letzten Nacht sicherlich eine schöne Sequenz des Sternenhimmels ergeben werden.
Langsam schiebt sich die Sonne über die Berge der großen Randstufe. Die Tanswüste liegt noch im Schatten und die Berge ringsum beginnen zu glühen. Ich klettere auf den Schieferberg gleich neben unserem Haus. Gleich einer verwüsteten, uralten versteinerten Bibliothek liegt der Schiefer wie aufgeblätterte und achtlos weggeworfene Bücher vor mir. Fächerförmig entfalten sich einzelne hauchdünne Schieferseiten. Diese Bücher der Natur erzählen die spannende Geschichte längst vergangener Zeiten. Ich wandere durch die Schiefer ähnlich einem Labyrinth. Die rot-goldenen Sonnenstrahlen liefern der Szenerie ein unwirklich anmutendes Licht.
Gemütlich gehe ich den Berg wieder hinab in Richtung Gästehaus. In einem dunkelrot blühenden Bouganvilla-Busch sitzen lärmend ein duzend Rosenköpfchen-Papageien und kreischen um die Wette.

Die Sonne scheint direkt durch die Schlafzimmertür auf unser Bett. Ich gehe hinein und wecke Falk.
"Schau nur diese herrliche Landschaft!"
"Laß mich Schlafen!" murmelt er und zieht sich die Decke über sein Gesicht.
Lachend setze ich mich in einen Holzsessel auf der Terrasse und genieße weiter das Naturschauspiel.
Aus dem Kamin des Küchenhauses steigt Rauch auf. Christie hat schon Feuer gemacht. Simone kommt mir entgegen, dick in eine warme Winterjacke gehüllt. Sie kann es gar nicht verstehen, wie ich nur im T-Shirt und ohne dicke Jacke die kühle, klare Wüstenluft genießen kann.
Nach dem Frühstück mache ich mich daran mein Teleskop mit der Montierung aufzubauen. Mit schrecken stelle ich fest, daß die Montierung, eingestellt auf die geographische Breite von -24,7°, gegen das Stativ schlägt und das Teleskop sich somit nicht über den Himmel drehen kann. Eine Ecke des Alu-Rahmens ist im Weg. Ich überlege kurz und frage Simone, ob es in der Garage einen Winkelschleifer gibt. "Da mußt du mal suchen."
Also durchstöbere ich die Werkstatt und finde zu meinem Glück auch einen großen Winkelschleifer mit einer Trennscheibe. Die Ruhe der Tanswüste wird jäh gestört als ich beherzt die anschlagenden Teile der Montierung amputiere.
Zufrieden stelle ich fest, das die Montierung sich nun komplett über den ganzen Himmel drehen läßt. Als ich alles für die bevorstehende Astro-Nacht aufgebaut und montiert habe, kommt Simone und bittet mich noch nach den Stromgenerator zu schauen. Der würde nicht mehr anspringen. Die Einspritzdüsen müssen wohl ausgetauscht werden und ob ich das nicht erledigen könne. Wir machten uns also auf den Weg in die Werksatt und so richtig klar war mir nicht, wo ich jetzt nun herumschrauben sollte.
Ich versuche erst einmal den Diesel zu starten. Nichts. Da ist doch am Zündschloß eine Stellung mit einer Glühwendel zu sehen. Also drehe ich den Schlüssel in diese Stellung warte ein wenig, dann auf Start und schon läuft der Generator. Es ist nun mal Winter in Namibia, und da ist Vorglühen angesagt.
Mittlerweile ist es schon nach 10.00 Uhr und Falk und ich wollen noch nach Solitaire um zu tanken. Ich versuche den VW-Bus fachmännisch mit Kurzschluß zu starten aber nichts rührt sich. Kruzifix, was ist das schon wieder!
Nach einigem Fluchen und Probieren stelle ich fest, daß ich das eine Ende des Drahtes an den falschen Kontakt gehalten habe. Neuer Versuch und schwup, nun läuft der Motor. Das Auto und ich, wir zwei werden schon noch gute Freunde werden!
Nun aber auf nach Solitaire. Ein kurzes Stück geht es noch die D1275 entlang und dann links auf die C14. Nach wenigen Kilometern auf der staubigen Pad ereichen wir die Blüte der Zivilisation im Nakluftgebiet.
Die schon unzählig oft fotografierte Sammlung alter Autowracks säumen die Zufahrt zur Tankstelle. ein paar weitere Gebäude mit Über-nachtungsmöglichkeiten und ein Campingplatz bilden das staubige Ensemble Solitaire.
Wir tanken auf und eine kurze Rechnung offenbart mir, das unser störrisches Gefährt sage und schreibe fast 20 Liter auf 100km schluckt. Ich schlucke auch gleich aber der Preis von umgerechnet 65 Euro-Cent pro Liter tröstet wieder etwas. Im Laden steht unter einer Glashaube der berühmte Solitairer Apfelkuchen. Uns hungert nach etwas herz-hafteren. Biltong und Droewors wird in größeren Mengen eingekauft. Draußen essen wir erst einmal und füttern mit Brot die Webervögel. Ein paar Fotos mit Falk im Autowrack werden geschossen.
Es ist noch nicht ganz Mittag und ich schaue in die Straßekarte. Nach Sossusvlei ist es ja wirklich nicht mehr weit.
Obwohl ich schon mehrmals in Namibia war, habe ich mir Sossusvlei nie angeschaut. Ich will in diesem Land Ruhe finden und die Berichte über Sossusvlei versprachen in dieser Beziehung meiner Meinung nach nichts Gutes. Wenn man da lesen muß, daß früh morgens die Touristen mit ihren Autos sich regelrechte Wettrennen liefen, um ja als erste an den hohen Dünen sein, um den Sonnenaufgang zu erleben. Ja, wer so etwas braucht.
Aber wenn wir nun schon einmal fast dort sind, dann nutzen wir doch den angebrochenen Tag und schauen uns den Spaß einmal selbst an.
Auf der Straße nach Sesriem begegnen wir insgesamt nur drei Autos. Einer davon hat wahrscheinlich noch nicht mitbekommen, daß in Namibia Linksverkehr herrscht. Gemütlich fährt er auf der rechten Pad-Seite. Als er auf mein Hupen nicht reagiert, gebe ich nach einigem Zögern Gas und ziehe Links vorbei.
Die Fahrt geht so zügig voran, daß ich doch tatsächlich am Park-Eingang vorbei fahre. Nach ca. 20km bemerke ich den Fehler und wir fahren zurück. Ich bezahle im Büro 110 N$ für uns zwei und hinein in das Tal geht es auf der gut ausgebauten Teerpad in Richtung Vlei.
Wir sind weit und breit die einzigen Touristen. Wer fährt schon am frühen Nachmittag in das Vlei? Steht doch geschrieben, daß morgens bei Sonnenauf- bzw. abends bei Sonnenuntergang das Licht am schönsten ist. Das stimmt sicherlich, aber im Winter kann man diese Regel ruhig etwas gelassener betrachten., da die Sonne auch gegen Mittag recht tief steht. Wir fahren recht zügig auf der Pad. Ich vertraue darauf, daß hier keine  Geschwindigkeitskontrolle durchgeführt wird, da die Geschwindigkeit auf 60 km/h begrenzt ist.
Ein Trupp Strauße beäugt uns neugierig und will uns durch ein Wettrennen beweisen, wer hier schneller ist. Ein lustiges Bild. Irgendwann drehen die Tiere dann doch ab.
Die Dünen am Nordrand des Tsauchab-Tales reflektieren das Sonnen-licht silbrig grau und zeigen wie zu erwarten ist keine tollen Schatten-spiele. Aber die Dünen der Südseite zeigen ein völlig anderes Bild. Rotbraun leuchten diese mit dem stahlblauen Himmel um die Wette. Nach 60 Kilomtern erreichen wir den Parkplatz für Zweiradfahrzeuge.  Zwei Allradfahrzeuge warten auf Kunden, um diese die restlichen 5km ins Vlei zu fahren. Aber in Anbetracht des schon fortgeschrittenen Tages beschließen wir, diesen Service nicht zu nutzen. Aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.
Relativ schnell wandert die Sonne in Richtung Nord-West. Die Schatten der Dünnenkämme werden länger und die Farben immer intensiver. Wir spazieren auf den aufgeplatzten Lehmplatten im trockenen Bett des Tsauchab-Flusses. Fotomotive finden sich unzählige, so daß Falk schon bald sein Veto einreicht als ich wieder-holt das Stativ aufbaue um ein paar Panorama-Bilder zu schießen.
Wir erreichen auf dem Rückweg die Düne 45. Ein Double-Cab steht auf dem Parkplatz und eine Familie mit einem Jungen erkunden die Düne. Ja gibt es denn so etwas! Das ist doch die Familie, welche uns am Tag zuvor Starthilfe gegeben hatten.
Falk erklimmt ein kurzes Stück der Düne und hat große Freude, den Sandhang hinunter zu rennen. Wir füllen noch eine Flasche mit dem fast schokoladenbraunen Sand als Andenken. Neben uns die Dünen, die nördlichen silbrig schimmern, die südlichen Rotbraun, über uns ein stahlblauer Himmel und am Horizont strahlt bläulich das Nakluftgebirge.
Es ist schon nach 15.00 Uhr. Wollen wir noch pünktlich zum Abendessen auf "AlleinzuZweit" sein, müssen wir uns beeilen.
Die Sonne sinkt immer tiefer. Wir fahren schon wieder nach Norden zurück in Richtung Solitaire. Das Nakluftgebirge rechts neben uns hat seinen Silberschein abgelegt und leuchtet nun in den rötlichen Farben des Abends. Die Schatten werden immer länger. Was ist das, was da vorn auf der Pad umherläuft? Eine Scharr Strauße blockieren die Weiterfahrt. Gemütlich trotten sie vor unserem Auto daher. Erst als ich hupe, bequemen sie sich an den Straßenrand. Ein lustiger Anblick.
Etwas weiter, kurz vor Solitaire, galoppiert neben uns ein großer Spießbock. Eine Weile fahren wir neben ihm her, als ich sehe, daß er schon ganz außer Atem ist halte ich an. Die Oryxantilope kann nicht zu Seite ausweichen, da neben der Straße der Farmzaun endlos verläuft. Er bleibt ebenfalls stehen, verschnauft und trabt dann gemächlich weiter.
Im Eiltempo legen wir noch die restlichen Kilometer zurück. Wie schnell ich fahre, kann ich nicht mehr sicher feststellen, da unser VW-Bus nun auch der Meinung war, daß der Tachometer genug Dienst getan hat und sich die Tacho-Nadel nicht mehr bewegt. Wozu aufregen, denke ich.
Wir erreichen Probeer mit dem letzten Grau der Dämmerung und genießen unser Abendessen.

Diese Nacht will ich nun endlich durch mein Teleskop fotografieren. Warum sonst habe ich denn die 60kg Astrogepäck mitgeschleppt? Das Teleskop hatte ich ja schon am Vormittag hergerichtet, grob einge-südet und mit der CCD-Kamera bestückt. Noch den Rechner hochfahren, Teleskop ansteuern, ein Probebild machen und ja, da ist schon der Jupiter auf dem Bild. Gut, denke ich. Jetzt noch nachführen und eine länger belichtete Testaufnahme machen. Das Bild erscheint auf dem Rechner. Die Sterne sind als Striche verzogen. Mist, was ist das wieder. Kürzer belichtet. Wieder Striche.
Den Grund, weshalb die Montierung nicht funktioniert, soll ich jedoch erst ein paar Nächte später herausfinden. So fummele ich in dieser Nacht auf der Suche nach dem Fehler noch einige Stunden erfolglos weiter und baue dann verzweifelt das Teleskop gegen Mitternacht wütend ab.

<weiter>

Bewegung des Sternenhimmels
Sequenz mit ca. 7,3MB!

Sonnenaufgang

Morgenlicht in der Tanswüste

auf dem Weg nach Solitaire

Solitaire

hier gibts den berühmten Apfelkuchen

Falk als Farmer

neugieriege Webervögel

der Glanzstar mach seinem Namen alle Ehre

Straßenrennen

im Tsauchab-Tal

die roten Dünen der Namib

Sandstrukturen

Dünenkamm

Rutschpartie auf der Düne 45

Straßensperre

lange Schatten